"Servietten brechen"
Serviettenfaltkunst vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart



Die Kunst des Faltens von Papieren und Geweben ist nicht – wie die Verwendung des japanischen Begriffes „Origami“ vermuten lässt – eine japanische Erfindung. In vielen Ländern, vor allem auch in der westlichen Welt existiert eine jahrhundertealte Falttradition. Spätestens seit dem 16. Jahrhundert wurde das Falten als eine Kunstform gesehen und an Universitäten wie zum Beispiel in Padua gelehrt. Der katalanische Faltkünstler Joan Sallas beschäftigt sich in dieser Ausstellung mit gefalteten Tischdekorationen, die bei repräsentativen Festmälern zuerst in Italien, dann aber auch nördlich der Alpen Verwendung fanden. Die klassische, als Mundtuch verwendete Serviette ist dabei ebenso zu sehen wie meterlange aus Leinengewebe gefaltete Schlangen, schlossartige Käfige für weiße Kaninchen und Vögel oder sprudelnde Tischbrunnen.

Am 29.06.07 fuhr ich zum Kunstgewerbemuseum im Schloss Pillnitz nach Dresden. Die Museumsleitung hatte mich zur Eröffnung der Ausstellung "Servietten brechen". Serviettenfaltkunst vom 16.Jahrhundert bis zur Gegenwart" eingeladen. Dank der unermüdlichen Forschungsarbeit von Joan Sallas und durch die Unterstützung des Kunstgewerbemuseums wurde diese Ausstellung realisiert.

"Die Kunst des Faltens ist nicht - wie allgemein angenommen - eine japanische Erfindung, denn bereits die Ägypter, Griechen und Römer falteten ihre Gewänder. Porträts alter Meister dokumentieren teilweise akribisch die üppigen Faltungen und Raffungen von Gewändern. Liebes- und Patenbriefe des 18. Jahrhunderts wurden sorgfältig nach Anleitung gefaltet."
(Auszug aus dem Begleittext zur Einladung)

Seit Jahren sucht Joan in detektivischer Detailarbeit in Archiven nach den Ursprüngen der Faltkunst im deutschsprachigen Raum. Die Serviettenfaltkunst ist ein wichtiges und beeindruckendes Zeugnis der Kreativität und der schöpferischen Kraft unserer Vorfahren. Viele dieser alten Faltanleitungen hat Joan entschlüsselt und sie damit aus dem Dunklen der Geschichte ans Licht der Gegenwart geholt. Aber es musste noch das richtige Tuch gefunden werden um die Kunstwerke entstehen zu lassen. Bei einer traditionsreichen Lausitzer Leinenweberei wurde man fündig. So präsentiert sich dem Auge des Besuchers eine faszinierende Tischdekoration, bestehend aus heraldischen Figuren und einem Tischbrunnen. Weiterhin werden vielfältige Informationen vermittelt, die einen Einblick in die hohe Kunst des Serviettenfaltens geben. So gab es im 17. Jahrhundert in Nürnberg eine Schule, in der man die hohe Kunst des Serviettenbrechens lernen konnte. Die Weißzeug-Frauen waren darauf spezialisiert, das Tuch aufwändig zu waschen, zu stärken und zu legen. Dies sind nur zwei Beispiele für die Spezialisierung und das hohe Ansehen dieser Kunst. Für mich war diese Ausstellung ein faszinierendes Erlebnis und es ist beeindruckend, mit wie viel Leidenschaft, Zielstrebigkeit, Engagement und fachlicher Qualifikation Joan und das Team des Kunstgewerbemuseums diese Ausstellung zum Leben erweckten. Es ist eine "Unterwegsausstellung", hatte Joan in seiner Festrede betont, denn es werden die ersten Ergebnisse seiner Forschungsarbeit präsentiert.



Eine Ausstellung des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und Joan Sallas

Schloss Pillnitz, Bergpalais
August-Böckstiegel-Straße 2
02326 Dresden

30.Juni bis 31.Oktober 2007

täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, montags geschlossen

Joan bei der Eröffnung der Ausstellung. Er präsentierte seine aufwändige Tischdekoration, die im zweiten Bild zu sehen ist.

Eine beeindruckende Tischdekoration. Die Figuren sind aufwändig mit Tuch umfaltet. Der Brunnen ist ebenfalls mit Tuch umfaltet.

Ein weiterführender Link zur Homepage von Joan Sallas, die er für diese Ausstellung gestaltet hat.

Ein weiterführender Link zur Homepage der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit einer kurzen Dokumentation der Ausstellung.

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